19. und 20. Jahrhundert
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts endete für beide Städte die Schwedenzeit, wobei Wismar zunächst nur als Pfand der schwedischen Krone für 100 Jahre an das Herzogtum Mecklenburg zurückfiel. Der Napoleonische Befreiungskrieg, die Kontinentalsperre und vor allem die durch den Pfandvertrag entstehende staatsrechtliche Zwitterstellung Wismars wirkten sich anfangs negativ auf die Entwicklung der Stadt aus. Erst um 1820 stabilisierte sich die wirtschaftliche Lage, was in zahlreichen klassizistischen Umbauten und Fassadenüberformungen im baulichen Bestand der Stadt seinen Ausdruck gefunden hat. Insbesondere der Bau des Rathauses ist als neue Selbstdarstellung des Wismarer Bürgertums in dieser Zeit zu werten.
Stralsund fiel nach kurzzeitiger französischer Besetzung durch die Bestimmungen des Wiener Kongresses 1815 an Preußen. In wirtschaftlicher Hinsicht trat zunächst kaum eine Verbesserung ein. Auch im Baubefund Stralsunds lassen sich während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kaum wesentliche Veränderungen feststellen. Ab etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Geschichte beider Städte durch eine langsam einsetzende industrielle Entwicklung und die damit verbundene steigende Zahl der Einwohner gekennzeichnet.
Das Stadtbild von Wismar erweiterte sich geographisch durch den Chaussee- und Eisenbahnbau - die Stadt erhielt 1848 Eisenbahnanschluss nach Bad Kleinen und Schwerin. Es begannen der Ausbau des Hafens und die Vertiefung der Fahrrinne, wobei das mittelalterliche Hafenbecken unangetastet blieb. Durch die mecklenburgische Zollreform 1863 öffnete sich nun auch das Hinterland für die Stadt. Eine wichtige Rolle spielten die erneute Entwicklung von Handel und Handwerk sowie die Gründung erster Industriebetriebe, insbesondere der Podeus-Maschinenwerke, die zu jener Zeit Weltruf besaßen. Die Anlage des Neuen Hafens am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts begünstigte den nun florierenden Schiffsverkehr und bildete die Grundlage für den weiteren konjunkturellen Aufschwung.
Auch in Stralsund trat nach der Jahrhundertmitte in wirtschaftlicher Hinsicht eine Verbesserung ein. Vor allem durch den Anschluss an das Eisenbahnnetz 1863, das später durch die Trajektverbindung mit der Insel Rügen erweitert wurde, konnte sich Stralsund zu einem Exporthafen, besonders für Getreide, entwickeln. Die Vergrößerung und der Ausbau des Hafens spiegeln diese Entwicklung wider. Als bedeutsamer überregionaler Betrieb wurde 1872 die Vereinigte Stralsunder Spielkarten-Fabrik gegründet. Große Bedeutung besaß außerdem nach wie vor das Militär - Stralsund wurde zum ersten Kriegshafen der preußischen Marine. Nach der Jahrhundertwende wuchs die Stadt über ihre bisherigen Grenzen hinaus. Schon vor Aufhebung des Festungscharakters im Jahre 1873 war außerhalb der Stadtmauern mit der baulichen Erweiterung der Vorstädte begonnen worden. Mit der Entwicklung dieser Vorstädte erfolgte eine stärkere Hinwendung auf die „Landseiten".
Beide Städte bildeten Ende des 19. Jahrhunderts für einzelne Händler das Sprungbrett, von dem aus sie in den deutschen und europäischen Markt vorstießen. In Wismar ist in diesem Zusammenhang das Kaufhaus Karstadt, in Stralsund sind die Kaufhäuser Tietz und Wertheim zu nennen. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl in Stralsund von etwa 15.000 (im Jahr 1815) auf 32.000, in Wismar von rund 10.000 (im Jahr 1830) auf 19.000.
1903, nach Ablauf der vertraglich festgeschriebenen 100 Jahre, verzichtete das Königreich Schweden auf die Einlösung der Stadt Wismar, die somit endgültig zum Herzogtum Mecklenburg zurückkehrte. Neben der schon bestehenden Gewerbeschule wurde 1908 in Wismar die Ingenieur-Akademie (die heutige Fachhochschule) gegründet. Verbunden mit den steigenden Einwohnerzahlen (1939 etwa 35.000) erfuhr die Stadt in den 20er Jahren eine gesteigerte Bautätigkeit. Die notwendig gewordenen baulichen Veränderungen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielten sich jedoch in beiden Städten hauptsächlich in den Vorstädten ab und verschonten die historischen Stadtkerne.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Wismar und Stralsund Opfer von Bombenangriffen, wobei die historischen Stadtgefüge weitgehend erhalten blieben. Ab 1945 gehörten beide Städte zur Sowjetischen Besatzungszone, aus der 1949 die DDR hervorging. Für die wirtschaftliche Entwicklung von Wismar und Stralsund zur DDR-Zeit waren neben verschiedenen kleineren Industriebetrieben vor allem ihr weiterer Ausbau zu Seehafenstädten sowie der Aufbau von Schiffswerften von entscheidender Bedeutung.